Welche Yacht eignet sich für eine Atlantiküberquerung?

⚓ Rumpf, Bauweise und Seeverhalten
Eine Yacht, die für eine Atlantiküberquerung geeignet ist, muss in ihrer Bauweise höchste Anforderungen erfüllen. Die wichtigste Voraussetzung ist die CE-Kategorie A, die für Hochseezertifizierung steht und bestätigt, dass das Schiff für extreme Bedingungen wie über 8 Beaufort Windstärke und hohe Wellen konzipiert ist. Ebenso entscheidend ist die Länge der Yacht: Ab etwa 38 Fuß beginnt der Bereich, in dem ausreichend Seeverhalten, Platz und Stabilität für Langfahrten gegeben sind.
Ein robuster Rumpf mit gutem Auftriebsverhalten sorgt für Sicherheit und Komfort bei rauer See. Die Konstruktion sollte selbstaufrichtend sein, um auch im Kenterfall eine Rückkehr in die Normalposition zu gewährleisten. Bevorzugte Materialien wie GFK, Aluminium oder Stahl bieten die notwendige strukturelle Festigkeit. Ein tiefer Kiel oder ein Ballastkiel verbessert das Kursverhalten und die Krängungsstabilität. Zusätzlich sollte die Plicht gut geschützt sein – etwa durch ein festes Hardtop oder eine stabile Sprayhood –, damit die Crew auch bei schwerem Wetter sicher arbeiten kann.
⛵ Rigg und Segel
Das Rigg und die Segel einer Yacht müssen zuverlässig, stabil und anpassungsfähig sein, um unterschiedliche Wind- und Wetterbedingungen auf offener See zu bewältigen. Ein gut gewartetes Rigg ist Voraussetzung – das betrifft Mast, Wanten und Stagen ebenso wie die Verbindungen am Deck. Stabilität und Belastbarkeit der Konstruktion sind essenziell, da Reparaturen unterwegs meist nur unter schwierigen Bedingungen möglich sind.
Besonderes Augenmerk gilt dem Großsegel und der Fock. Ein reffbares Großsegel mit einfacher Handhabung – etwa durch Einleinen-Reff oder Lazy Jacks – erleichtert das schnelle Anpassen an wechselnde Windverhältnisse. Eine Rollfock oder Sturmfock gehört zur Grundausstattung jeder Fahrtenyacht und ermöglicht sicheres Segeln bei Starkwind. Für lange Passagen vor dem Wind ist ein Passatsegel oder ein Gennaker mitzuführen. Segel halten nicht ewig, werden bauchig, verlieren an Form und müssen getauscht werden. Ebenfalls wichtig sind Bordwerkzeugset und passende Ersatzteile für Reparaturen am Rigg während des Törns.
⚙️ Technik & Energieversorgung
Der Autopilot zählt zu einem wichtigen Helfer an Bord, da er über Tage hinweg konstant steuern und die Crew deutlich entlasten kann. Idealerweise ist ein zweites, unabhängiges System – wie eine Windsteueranlage – als Backup vorhanden.
Die Energieversorgung muss so ausgelegt sein, dass alle elektrischen Verbraucher dauerhaft betrieben werden können: Navigation, Beleuchtung, Autopilot, Kühlschrank und Kommunikationsgeräte. Eine Kombination aus mehreren Stromquellen – wie Solarpanels, Windgeneratoren oder der Lichtmaschine an der Maschine – sorgt für Redundanz und Ausfallsicherheit. Die Batteriekapazität sollte großzügig dimensioniert sein, um auch bei mehreren Tagen ohne Sonne oder Wind handlungsfähig zu bleiben.
📡 Navigation & Kommunikation
Das Herzstück der Navigation ist ein GPS-Kartenplotter mit aktuellen digitalen Seekarten, der über AIS verfügt und mit dem Radargerät gekoppelt ist. AIS und Radar helfen bei der Erkennung anderer Schiffe – besonders nachts oder bei schlechter Sicht. Ergänzend sind klassische Navigationshilfen wie Papierseekarten, Hand-GPS und Kompass mitzuführen – als Backup bei Stromausfall oder Gerätestörung.
Auch die Kommunikation spielt eine zentrale Rolle, vor allem im Notfall. Ein UKW-Funkgerät mit DSC-Funktion (digitaler Notruf) gehört zur Grundausstattung. Die Reichweite von UKW-Funk ist begrenzt, daher ist für die Ozeanpassage ein Satellitentelefon mitzunehmen - zum Beispiel über Iridium, Inmarsat oder Starlink. Damit lassen sich nicht nur Wetterdaten abrufen, sondern auch im Notfall Hilfe rufen.
Ergänzt wird die Sicherheitsausstattung durch eine EPIRB – eine Notfunkbake, die im Seenotfall automatisch ein Signal an Rettungsdienste sendet.
🚨 Sicherheitsausstattung & Rettungsmittel
Eine zertifizierte Rettungsinsel, die für die Anzahl der Personen an Bord ausgelegt ist, gehört zur Pflichtausstattung. Sie sollte regelmäßig gewartet und jederzeit schnell erreichbar sein. Jedes Crewmitglied sollte mit einer automatischen Schwimmweste ausgestattet sein, kombiniert mit Lifebelt, Notlicht und integriertem AIS Rettungssender. An Deck müssen Strecktauen installiert sein, an denen man sich jederzeit sichern kann – insbesondere bei Nacht oder rauer See. Feuerlöscher, eine funktionierende Bilgepumpe sowie Notblitzlicht, Signalhorn und Erste-Hilfe-Ausrüstung sind weitere Bestandteile der Sicherheitsausstattung.
🍲 Versorgung & Lebensraum
Bei einer Atlantiküberquerung muss die Crew über Wochen autark leben können – ohne die Möglichkeit zum Nachbunkern. Das beginnt bei der Wasserversorgung: große Frischwassertanks sind essenziell. DIe Wassertanks sind oft verunreinigt und bieten Lebensraum für Bakterien. Das Trinkwasser sollte daher in separaten Kanistern mitgeführt werden. Wenn ein Wassermacher (Entsalzungsanlage) eingesetzt werden soll, dann muss dieser regelmäßig benutzt werden. Pro Person und Tag sollten mindestens zwei bis drei Liter Trinkwasser eingeplant werden – plus Reserve für Notfälle.
Der Stauraum für Proviant muss gut durchdacht sein. Als Proviant sind Trockenvorräte, Konserven, frisches Obst und Gemüse mit langer Haltbarkeit zu wählen. Die Lagerung muss seefest und feuchtigkeitsgeschützt erfolgen. Wichtig ist auch eine funktionierende Kühlung, etwa durch eine effiziente Kühlbox oder einen stromsparenden Kühlschrank.
Der Innenraum der Yacht sollte ausreichend Platz für die gesamte Crew bieten – gerade bei schlechtem Wetter, wenn alle unter Deck bleiben müssen. Gut belüftete Kabinen, eine funktionale Pantryküche, robuste, saubere Sanitäranlagen und ein aufgeräumter Salon schaffen Lebensqualität – und reduzieren Konfliktpotenzial bei längeren Passagen.
Fazit
Die Wahl der richtigen Yacht entscheidet maßgeblich über Sicherheit, Komfort und Gelingen einer Atlantiküberquerung. Wer auf eine solide Bauweise, ausreichende Größe, zuverlässige Technik und vollständige Sicherheitsausstattung achtet, schafft die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Passage. Nicht jedes Detail muss perfekt sein – aber das Gesamtpaket muss stimmen. Gut vorbereitet, mit der richtigen Yacht und einer eingespielten Crew, wird die Atlantiküberquerung zu einem unvergesslichen Erlebnis.
von Alexander Hesse am 23. März 2025